Betrachtet man die Altersverteilung des Prostatakarzinoms aus Daten der klinischen Krebsregister in Deutschland (Abb.1), so kann man nennenswerte Erkrankungsfälle erst ab dem 50. Lebensjahr feststellen. Zwischen 66. und 80. Lebensjahr tritt ein Häufigkeitsplateau auf, das Maximum fällt in die Gruppe der 76-80jährigen. Im Vergleich dazu fällt der Altersgipfel bei der amerikanischen NCDB [14] (Abb.2) auf die Gruppe der 70-74-jährigen. Die Daten des saarländischen Krebsregisters von 1989 und 1990 weisen, bei allerdings erheblich geringeren Fallzahlen, zwei Gipfel (65-70 und 75-80) auf. Riede hingegen spricht vom Prostatakarzinom als vom "Leiden der etwa 70-jährigen" [11]. Altwein und Rübben [1] nennen eine Häufung in der 7. und 8. Lebensdekade.
Diagnose | Anzahl | Prozent |
---|---|---|
Adeno-Ca. | 8242 | 77.3 |
Adenoid-zystisches Ca. | 11 | 0.1 |
Endometroides Ca. | 5 | 0.0 |
Plattenepithel Ca. | 19 | 0.2 |
Übergangsepithel-Ca. | 50 | 0.5 |
Ca. o.n.A. | 2035 | 19.3 |
Teratom | 12 | 0.1 |
Sarkom | 12 | 0.1 |
Lymphom | 6 | 0.0 |
Tumor o.n.A. | 263 | 2.4 |
Gültige Diagnosen ges. | 10655 | 100.0 |
Abb. 3: Häufigkeit histologischer Diagnosen Prostata (1985-1990) Diagnose Anzahl Prozent Adeno-Ca. 8242 77.3 Adenoid-zystisches Ca. 11 0.1 Endometroides Ca. 5 0.0 Plattenepithel Ca. 19 0.2 Übergangsepithel-Ca. 50 0.5 Ca. o.n.A. 2035 19.3 Teratom 12 0.1 Sarkom 12 0.1 Lymphom 6 0.0 Tumor o.n.A. 263 2.4 Gültige Diagnosen ges. 10655 100.0
Bei der Auswertung der histologischen Diagnosen der Prostatamalignome stehen erwartungsgemäß die Adenokarzinome an erster Stelle (Abb.3). Dem Anteil von 77% in den Daten der Klinischen Krebsregister stehen in der Literatur meist höhere Angaben gegenüber [1,10]. Der Grund hierfür ist in Abb.3 zu erkennen: der Anteil der nicht näher klassifizierten oder mangelhaft verschlüsselten Malignome (Karzinom o.n.A. und Tumor o.n.A.) liegt bei über 20%. Andere Diagnosen sind sehr selten.
Bei der Lokalisation der Fernmetastasen Abbildung 4 ist die Reihenfolge wie erwartet [2] Knochen - Lunge - Leber - Gehirn. Ob die hohe Zahl der Fernmetastasen in Lymphknoten ein tatsächlich beobachtetes Phänomen darstellt oder durch irrtümlichen Eintrag von regionären Lymphknotenmetastasen in diesem Item zustandegekommen ist, kann anhand der anonymisierten Daten nicht beantwortet werden.
Abb. 5 und 6 zeigen die Abhängigkeit des regionären Lymphknotenbefalls von der Größe des Primärtumors. Die Angaben basieren auf der Auswertung des TNM-Befundes nach der 4. Auflage der TNM-Klassifikation [6]. Aus diesem Grunde wurden nur nach dem Jahre 1988 erhobene Befunde berücksichtigt. Abb. 5 zeigt die Ergebnisse für das klinische TNM, Abb. 6 für das postoperative pTNM. In beiden Abbildungen ist klar zu erkennen, daß die Zunahme der Größe des Primärtumors von T1 nach T4 mit einem zunehmenden regionären Lymphknotenbefall (Stadien N1 bis N3) einhergeht.
Abb. 7 und 8 zeigen die Abhängigkeit des Auftretens von Fernmetastasen von der Größe des Primärtumors. Die Angaben basieren, wie bei Abb. 5 und 6, auf der Auswertung des TNM-Befundes nach der 4. Auflage der TNM-Klassifikation [6]. Abb. 7 zeigt die Ergebnisse für das klinische TNM, Abb. 8 für das postoperative pTNM. In beiden Abbildungen ist zu erkennen, daß die Zunahme der Größe des Primärtumors von T1 nach T4 mit einer Erhöhung des Anteils von M1, also einem zunehmenden Auftreten von Fernmetastasen einhergeht.
Abb. 9a: Durchgeführte Therapien bei Malignomen der Prostata (1988-1990) Durchgeführte Therapien Anzahl Prozent Nur Operation 5652 54.3 Nur Radiatio 941 9.0 Nur Chemotherapie 241 2.3 Nur Hormontherapie 512 4.9 Operation u. Hormontherapie 1428 13.7 Operation u. Radiatio 1041 10.1 Operation u. Chemotherapie 381 3.7 Radiatio u. Hormontherapie 112 1.1 Radiatio u. Chemotherapie 65 0.6 Hormontherapie u. Chemotherapie 36 0.3 Gesamt 10409 100.0
Abbildung 9 (a,b) gibt einen Überblick über die durchgeführte Primärtherapie. Durch die Beschränkung der heute gültigen 3. Auflage der Tumorbasisdokumentation [18] in dieser Hinsicht sind hier nur sehr oberflächliche Auswertungen möglich. Es wird jedoch deutlich, daß die operativen Verfahren den Schwerpunkt der Therapie bilden. In den Daten der NCDB [14] ist der Anteil der allein durch chirurgischen Eingriff (also ohne zusätzliche Radio-, Chemo- bzw. Hormontherapie) behandelten Patienten etwa 10% niedriger und der Anteil von Therapiekombinationen entsprechend höher. Der Grund für diese Diskrepanz könnte darin liegen, daß in den deutschen Tumorzentren manchmal nicht alle Abteilungen mit dem Krebsregister zusammenarbeiten und so nicht alle durchgeführten Therapien in die Daten der Basisdokumentation einfließen.
Bei Tumoren des Hodens findet man den Schwerpunkt des Erkrankungszeitraums im frühen Erwachsenenalter [1, 11]. In den Daten der deutschen Register liegt er sowohl bei 3618 Fällen mit normaler Hodenlage (Abb. 10) als auch für 134 Fälle von Hodenhochstand (Abb. 11) am Ende der 3. Lebensdekade (36-40 Jahre).
Abb. 12: Häufigkeit histologischer Diagnosen bei Malignomen des Hodens (1985-1990) Diagnose Anzahl Prozent Seminom 1955 57.5 Embryonales Ca. 666 19.6 Teratom 453 13.3 Chorion-Ca. 115 3.4 Dottersack-Tu. 93 2.7 Leydigzell-Tu., maligne 8 0.2 Sertolizell-Tu., malg. 5 0.1 Ca. o.n.A. 25 0.7 Lymphom 36 .1 Sarkom 14 0.4 Tumor o.n.A. 32 0.9 Gültige Diagnosen ges. 3402 100.0
Bei den histologischen Diagnosen überwiegt bei weitem das Seminom (Abb. 12). Der Anteil der Seminome ist mit über 57% dabei wesentlich höher als erwartet [1, 11], während das embryonale Karzinom etwa ein Fünftel der Hodentumoren stellt. Gonadale Stromatumoren (maligne Leydig- und Sertoli-Zell-Tumoren) sind sehr selten. Auffallend ist bei der Codierung der Histologie von Hodentumoren ein im Gegensatz zum Prostatamalignom geringes Vorkommen undifferenzierter Diagnosen wie Karzinom o.n.A. oder maligner Tumor o.n.A.. Die Fernmetastasen des Hodenmalignoms (Abb. 13) haben ihre Lokalisation in Lunge, Leber und nichtregionären Lymphknoten, wobei, wie schon bei der Prostata, im letzteren Falle eine irrtümliche Eintragung regionären Lymphknotenbefalls an dieser Stelle nicht auszuschließen ist.
Abbildung 13 , Abbildung 14 , Abbildung 15
Abb. 14 und 15 zeigen die Abhängigkeit des regionären Lymphknotenbefalls von der Größe des Primärtumors. Als Maßstab für letztere wird das postoperative T-Stadium (pT) herangezogen, da laut TNM-Klassifikation [6] die Ausprägung von T bei Hodenmalignomen nur postoperativ festgestellt werden kann. Es wurden, wie bei der Prostata, nur nach dem Jahre 1988 erhobene Befunde berücksichtigt. Abb. 14 illustriert die Verhältnisse bei normalem Hodensitus, Abb. 15 bei Vorliegen von Hodenhochstand. Es ist in beiden Fällen zu erkennen, daß die Zunahme der Größe des Primärtumors von T1 nach T4 mit einem zunehmenden regionären Lymphknotenbefall (Stadien N1 bis N3) einhergeht. Beim Hodenhochstand waren sogar alle Fälle von T4 mit dem höchsten Lymphknotenbefallsstadium N3 assoziiert.
Abb. 16 und 17 zeigen die Abhängigkeit des Auftretens von Fernmetastasen von der Größe des Primärtumors. Als Maßstab für letztere wird wiederum das postoperative T-Stadium (pT) herangezogen. Abb. 16 zeigt die Ergebnisse bei normalem Hodensitus, Abb. 17 bei Hodenhochstand. Im ersten Fall nimmt die Häufigkeit von Fernmetastasen bis zur Infiltration des Samenstrangs (pT3) zu, bei weiterer Größenzunahme nicht mehr. Im zweiten Fall läßt sich, auch bedingt durch die geringe Patientenzahl, dieser Zusammenhang nicht nachweisen.
Abb. 19 zeigt die Verteilung der verschiedenen Behandlungsmethoden beim Hodenmalignom in den Registerdaten. Es handelt sich dabei um die Primärtherapie, die in den Ersterhebungen dokumentiert wird. Wie schon erwähnt, ist die Therapiedokumentation des Basisdatensatzes zur Zeit begrenzt auf die Angabe von Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie sowie deren Kombinationen. Eine detaillierte Erfassung der angewandten Methode erfolgt nicht. Durch die Miteinbeziehung des TNM-Feldes in die Therapieauswertung ist es jedoch möglich, die Verteilung der Behandlungen in Abhängigkeit vom Tumorstadium zu untersuchen (Abb. 18). Die Stadien I - IV fassen dabei T-, N- und M-Kategorie jedes Patienten zu einer prognostisch und therapeutisch relevanten Aussage zusammen [6]. Das vorherrschende Therapieverfahren ist in jedem Stadium die alleinige Operation, wobei ihr Anteil von I nach III abnimmt und im prognostisch ungünstigen Stadium IV wieder ansteigt. In Stadium I - III spielt die Kombination aus OP und Strahlentherapie eine große Rolle, während die Kombination aus OP und Chemotherapie häufiger in den höheren Stadien zum Einsatz kommt (Abb. 18). Die Einführung der Therapiedokumentation in der Neufassung der Basisdokumentation für Tumorkranke [5] wird in Zukunft die Möglichkeiten zur Untersuchung therapeutischer Verfahren wesentlich erweitern.
Abbildung 18.I , Abbildung 18.II , Abbildung 18.III , Abbildung 18.IV