Qualitätsanforderungen an klinische Krebsregister

A. Altendorf-Hofmann(1), U. Settmacher(2), U. Altmann(3)

(1)Tumorzentrum Jena, (2)Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Jena, (3)Institut für Medizinische Informatik Gießen

Mit der wachsenden Bedeutung klinischer Krebsregister, z.B. im Rahmen des Qualitätsmanagements und der Zertifizierung von onkologischen Zentren im weitesten Sinn, steigt zwangsläufig auch die Notwendigkeit, dass klinische Krebsregister ihre Qualität belegen müssen. Dabei sollten die klinischen Register von sich aus aktiv werden, ihre Qualität in vergleichbarer Form darzustellen, bevor ein eventuell nicht sachgerechtes Qualitätssystem von außen bestimmt wird. Wir präsentieren, basierend auf Erfahrungen mit einer Auswertung von Qualitätsmerkmalen des kolorektalen Karzinoms aus fünf deutschen Tumorzentren, Grundzüge für die Darstellung der Datenqualität von klinischen Krebsregistern und Vorschläge für die Behebung von Defiziten.

Grundlage aller Maßzahlen sind Vollzähligkeit und Vollständigkeit. Die Richtigkeit kann letztendlich nur durch eine Art Review-System beurteilt werden. Die Vollzähligkeit steht in Zusammenhang mit der exakten Beschreibung der angestrebten Grundgesamtheit. Diese muss für jedes Register klar definiert sein: alle Fälle / alle Fälle einer Krankheit / die in einer bestimmten Abteilung / einem Krankenhaus / allen Krankenhäusern einer Region (etc.) behandelt werden. Als Referenz für die erwarteten Fallzahlen dient, bei allen methodischen Problemen, der Abgleich mit den ICD-Diagnosen in den jeweiligen Krankenhausinformationssystemen.

Bei einem der untersuchten Zentren lagen Referenzzahlen aus einem Krankenhaus vor. Es zeigte sich, dass 30% der Erkrankungen im Register nicht bekannt waren.

Die Vollständigkeit ist das Maß, in dem ein vereinbarter Variablensatz differenziert ausgefüllt ist. Die Qualität von Zeitintervallen (z.B. Überleben, rezidivfreies Überleben etc.) wird dadurch bewertet, inwieweit die betreffende Erkrankung tatsächlich über einen - entitätsabhängig- zu definierenden Zeitraum nachbeobachtet wurde.

Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die Häufigkeit metachroner Fernmetastasen nach kurativer Primärbehandlung um den Faktor 5 variierte. Das ist ein deutlicher Hinweis für große Unterschiede in der Nachbeobachtung der Fälle.

Aus den genannten Beispielen folgt, dass in regional unterschiedlichem Ausmaß, sowohl für Erreichung von Vollzähligkeit als auch von Vollständigkeit noch Anstrengungen unternommen werden müssen. Mündliche Mitteilungen belegen, dass dies kein isoliertes Problem der untersuchten Tumorzentren ist.

Erster Schritt eines jeden Qualitätsmanagements ist eine konsequente Beschreibung des Ist-Zustandes. Hier wäre die Etablierung eines verbindlichen, standardisierten und regelmäßig abgefragten Qualitätsberichtes zum Beispiel seitens der ADT hilfreich. Dabei aufgedeckte Defizite dienen, wie im Qualitätsmanagement üblich, nicht zur Bloßstellung von Akteuren, sondern als Hilfsmittel für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen, die ggf. von konkreter externer Hilfestellung begleitet sein müssen.

Die externe Hilfestellung bezieht sich dabei nicht nur auf Qualifikation des Registers, sondern auch auf Maßnahmen wie die Angleichung der regional unterschiedlichen Krebsregistergesetze, die Einforderung eines Mindestmaßes an Ressourcen, den Zugang zu kostenlosem / kostengünstigem Meldeamts-/Totenscheinabgleich/pathohistologischen Befunden, die konsequente Einforderung der Krebsregistrierung bei der Vergabe von Fördermitteln durch die öffentliche Hand und Spendenorganisationen bis hin zu Sanktionierung von Nicht-Beteiligung von Versorgungseinrichtungen an klinischer Krebsregistrierung, etwa durch Koppelung an die Vergütung von Leistungen in der Onkologie.