Möglichkeiten und Probleme epidemiologischer Forschung am Beispiel des Krebsregisters Saarland

C. Stegmaier, H. Ziegler

Einleitung:

Neben den klassischen Aufgaben in der deskriptiven Epidemiologie ist in den international erfolgreichen Registern die Bereitstellung von einschlägigen unselektierten Erkrankungsfällen für gezielte bevölkerungsbezogene Studien, sei es Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studie, ein wichtiger Beitrag für die analytische-epidemiologische Forschung.

Die Durchführung derartiger Projekte erfordert neben einem entsprechend vollständigen Datenbestand bis zu einem gewissen Stadium immer den Zugang zu personenbezogenen Informationen. Im Falle einer Befragung bedarf es der Einbeziehung des Patienten selbst, in einigen Fällen benötigt man die Zustimmung zum Zugriff auf Krankenakten oder sonstige über den Patienten gespeicherte Daten. Der Abgleich einer Kohorte mit den Daten eines epidemiologischen Krebsregisters könnte ohne direktes Einbinden des Patienten erfolgen.

Material und Methode:

Das bevölkerungsbezogene Krebsregister im Saarland wurde 1967 als Modellregister gegründet; die Registrierung erhielt 1979 eine landesgesetzliche Basis (Saarländisches Krebsregistergesetz, SKRG) [1]. Auch nach Inkrafttreten des Bundeskrebsregistergesetzes (KRG) hat das Krebsregister Saarland als einzige Einrichtung dieser Art in Deutschland bisher seine Erhebung basierend auf einem international anerkannten Melderechtsmodell ohne individuelle Information und Einwilligung des Patienten beibehalten [2]. Das Register verfügt über die Identifikationsdaten aller registrierten Patienten und ist nicht in Vertrauens- und Registerstelle getrennt. Seit 1979 besteht jedoch eine strikte Trennung bei Speicherung und Verarbeitung der personenbezogenen und der epidemiologischen Daten.

Unter dem Aspekt der Datenvollständigkeit bietet sich das Krebsregister Saarland zur Nutzung im Rahmen epidemiologischer Studien geradezu an.

Praktische Erfahrungen:

Durch die fehlende Forschungs- bzw. Übermittlungsklausel im SKRG muss nach den Bestimmungen des saarländischen Datenschutzgesetzes vorgegangen werden. Die Rolle des Registers im Rahmen solcher Studien wird dadurch vorrangig auf die Bereitstellung der "Meldeinfra-stuktur" und nach Studienende auf den Vergleich mit der landesweiten Inzidenz reduziert. Durch die fehlende Zugriffsmöglichkeit auf die in der Routineerhebung gespeicherten Patientendaten bedarf es in der Regel einer doppelten Erhebung durch zusätzlich geschaffene Studienbüros im Bereich des Krebsregisters. Selbst sehr motivierten Kooperationspartnern in den Kliniken ist diese Vorgehensweise sehr schwer zu vermitteln. Teilweise wird seitens der Ärzte bei einem solchen Verfahren sogar der Sinn der Routinerhebungen in Frage gestellt.

Mit einer der wichtigsten Punkte solcher Forschungsvorhaben ist die Organisation der Patientenansprache. Arbeitsbelastung in den Kliniken, Personalfluktuation und unterschiedliche Motivationslage des ärztlichen Personals verhindern oft eine zuverlässige Ansprache aller einzuschliessenden Fälle. Sobald ein Patient nicht mehr stationär ist, ist es noch ungleich schwieriger, die Ansprache durch den behandelnden Arzt zu organisieren.

Am Beispiel verschiedener in Kooperation mit dem Krebsregister Sarland durchgeführter epidemiologischer Studien werden Möglichkeiten und Probleme bei der Einbeziehung bevölkeurngsbezogener Register in die analytische Forschung aufgezeigt und diskutiert.

Literatur:

  1. Saarländisches Gesetz über das Krebsregister (SKRG). Amtsblatt des Saarlandes Nr. 7, 1979, 105ff
  2. Gesetz über Krebsregister (Krebsregistergesetz KRG). Bundesgesetzblatt Nr. 79, 1994, 3351-3355.